Nachdem meine Mutter uns schon im Jahr 1985 47-jährig infolge eines Krebsleidens verlassen hatte, ist am Donnerstag, den 18. Oktober nun auch unser Vater gestorben. Am vergangenen Montag wurde er in Laupheim von einem katholischen Militärpfarrer “ausgesegnet”, am vergangenen Dienstag wurde nach seinem Willen seine Urne auf dem Friedhof in Memmingen auf dem anonymen Urnenfeld beigesetzt. 4 Meter entfernt vom westlichsten Punkt auf dem südlichen Schenkel dieses grünen Dreiecks.
Am 11. Oktober 2011 hatte er mich zusammen mit vielen anderen Menschen auf einer längeren Cc-Liste einer E-Mail von seinem Gehirn-Tumor in Kenntnis gesetzt, von dessen Existen er auch selbst erst wenige Tage vorher erfahren hatte. Zu jenem Zeitpunkt hatte er die Kommunikation und den Umgang mit mir seit vielen Monaten ausgesetzt. Seinem Bruder gegenüber hatte er das mit einem Schriftverkehr begründet, bei dem er mindestens meinen Part empfindlich und entstellend verfälscht hat. Davon wusste ich gar nicht, und das wurde mir erst im Gespräch mit seinem Bruder gewahr. In der Folge des Bekanntwerdens seines Gehirntumors suchte er wieder mehr den Anschluss zu seinen beiden Söhnen. Mein Bestreben, ihn und meinen jüngeren Sohn in den kommenden Monaten zusammen zu bringen, lehnte er vehement ab. Meinem Sohn blieb es so verwehrt, seinen Großvater kennenzulernen.
Mein Vater hatte im Zusammenhang mit seinem Gehirn-Tumor meines Wissens 2 operative Eingriffe. Der Rest des Tumors blieb an zentraler Stelle zurück und blieb leider unoperabel. Soweit mir bekannt ist, bedurfte er im Zusammenhang mit dem Tumor in keinem größeren Umfang schmerzlindernder Mittel.
Quasi unmittelbar seit dem Bekanntwerden und den Operationen lebte mein Vater nicht mehr zu Hause, sondern in der Reha-Klinik, in der Uni-Klinik, im Hospiz in Ulm und nur noch wenige Tage im Pflegeheim in Schwendi. Mein Bruder machte es im allerdings bewunderns- und anerkennenswert häufig möglich, jeweils einige Stunden in Walpertshofen zu verbringen, und manchmal auch im Kreise von Freunden und Fans.
Ich persönlich hätte nun nach seinem Tod eine Auseinandersetzung mit seinen langjährigen Dalmatiner-Aktivitäten sicherlich nicht mehr gebraucht, insbesondere den Nachruf eines Club-Funktionärs an seinem Sarg – seinen Dalmatiner-Fans aber sei das gegönnt, und er selbst hätte sicher darauf auch bestanden und darum gestritten. Aus meiner Sicht haben diese Dalmatiner-Vereins-Aktivitäten das Familienleben von Anfang an erheblich überschattet und beeinträchtigt. Auf der anderen Seite haben ja aber auch Väter ein Recht auf eigene Hobbys und Lebensinhalte, und da kommt es eben auch mal u.U. zu Zielkonflikten. Dass Herren eines Geburtsjahrganges 1934 ihre ganz eigenen Perspektiven auf Zuchtmethoden, Rassestandards, lebenswertes Leben, Euthanasie, Einschläferung, Umgang mit Chloroform und Schusswaffen dabei, etc. haben, das mag seinen Fans nicht in vollem Umfang klar sein, aber für mich werden sie immer mitschwingen, wenn ich an mein Dalmatiner-Zucht-beeinflusstes Zuhause und meine Jugend zurückdenke. Wenn Gleichaltrige Freizeit oder Zeit für die Schule hatten, hatten mein Bruder und ich tagein, taugaus die Hunde unseres Herrn Vater auszuführen.
Warum die katholische Kirche auf dem Umweg über den Militärpfarrer ins Boot kam, verschließt sich mir. Mein Vater und mein Bruder waren anlässlich des Todes unserer Mutter aus der Kirche ausgetreten, und mir war gar nicht bewusst, dass sich mein Vater als katholisch betrachtete und Hoffnungen auf ein Leben nach dem Tod hatte. Außerdem war der Militärpfarrer (wie auch der Dalmatiner-Funktionär) miserabel gebrieft worden, denn irgendwie erschien unsere Mutter aus der Lebensgeschichte unseres Vaters quasi komplett ausgespart. Das war nicht in Ordnung.
Schade, dass heute argumentiert wird, dass es für einen Verstorbenen, der ein Haus hinterlässt, in dem nicht dauerhaft jemand wohnt, keine Todesanzeige in der lokalen Zeitung geben soll!
Für mich waren die Reisen nach Laupheim und Memmingen wertvoll – schade, dass erst dieser Todesfall den Anlass dafür gab, diese Orte und insbesondere die Verwandtschaft wieder zu besuchen.
Das vergangene Jahr hatte meinen Bruder und mich erfreulich eng zusammen gebracht, auch wenn wir uns in diesem Zeitraum nur ein einziges Mal (nämlich in der Ulmer Uni-Klinik) trafen. Schade, dass es derzeit nicht so aussieht, als würde sich unsere einigermaßen enge Beziehung so eng weiterführen lassen.
Natürlich fehlt mir mein Vater. Eigentlich fehlte er aber schon seit langer Zeit. Und wirklich eigentlich fehlte er quasi 2 Jahre schon am Anfang meines Lebens, vielleicht fand er auch nie wirklich hinein. Aber nun ist Burkhard Hubert Hayek (oder wie er sich lieber schrieb: Burghard Hayek) von uns gegangen.
P.S.
Möglicherweise ist das nicht die letzte Version dieses Textes.